Im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger - Interview mit Yasemin Basak von der 115

Foto Yasemin Basak

Frau Basak, Sie arbeiten bereits seit 10 Jahren für die 115. Wie sind Sie zum ITDZ Berlin und zum Bürgertelefon gekommen?

Das ist eine ganz schöne Geschichte. Ich bin ausgebildete Fremdsprachensekretärin und habe nach meiner Ausbildung als Zeitarbeitskraft bei im ITDZ Berlin angefangen. Das sollte eigentlich vorübergehend sein. Gerade zu der Zeit wurde eine Stelle für den Fernsprechvermittlungsdienst ausgeschrieben. Da es mir im ITDZ Berlin so gut gefiel, habe ich mich spontan entschlossen, mich zu bewerben – und es hat tatsächlich geklappt, ich wurde eingestellt. Über diese Stelle bin ich dann zur 115 gekommen, die zum damaligen Zeitpunkt noch in den Kinderschuhen steckte. Ich bin heute noch sehr froh, dass ich mich damals so entschieden habe.

Wie sieht denn ein typischer Tag beim Bürgertelefon aus?

Für mich persönlich geht es erst richtig los, wenn ich ausreichend Kaffee getrunken habe. Dafür sorge ich aber schon, bevor ich losgehe. Auf Arbeit steht dann das Thema Information klar im Mittelpunkt, denn das ist schließlich unsere Aufgabe: Wir vermitteln Informationen an die Bürgerinnen und Bürger. Dazu müssen wir Agentinnen und Agenten viel wissen. Wir sind alle geschult in den Angelegenheiten des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, der Bezirksämter in Berlin und des Landesamts für Gesundheit und Soziales. Dazu kommen die jeweils untergeordneten Fachämter. Das ist die Grundvoraussetzung, um bei der 115 zu arbeiten. Dazu kommen dann immer die tagesaktuellen Themen. Das heißt für mich und meine Kolleginnen und Kollegen, dass wir uns immer zu Arbeitsbeginn und auch während der Arbeit informieren müssen, um den Anrufenden die richtigen Auskünfte geben zu können. Das ist halt etwas, das im Hintergrund passiert, was aber die Basis für unseren Job ist. Nur so können wir dann unsere eigentlichen Aufgaben erfüllen: Wir helfen den anrufenden Menschen, informieren sie, vermitteln sie weiter oder vereinbaren Termine.

Was sind die Besonderheiten Ihres Berufs?

Die Besonderheit ist für mich eindeutig die große Nähe zu sehr vielen verschiedenen Menschen in sehr kurzer Zeit. Wir treffen wirklich auf die unterschiedlichsten Menschen – jeder ist anders und kommuniziert auch auf seine eigene Weise. Man muss sich auf jede Person und jede Situation ganz individuell einstellen. Dazu kommt, dass wir immer direkt am Puls der Stadt sind. Ganz oft ist es so, dass über ein aktuelles Ereignis abends in der Abendschau berichtet wird und wir dann schon wissen, dass wir dazu am nächsten Morgen auch gleich Anfragen übers Telefon bekommen. Ein Beispiel, das mir noch gut in Erinnerung ist, war die Meldung, dass ältere Führerscheine umgetauscht werden müssen – da gab es am nächsten Tag viele Anrufen dazu. Aber das finde ich schön, jeder Tag ist anders und es wird nie langweilig.

Wirkt sich die Kommunikation mit vielen Menschen auf ihren privaten Alltag aus?

Das ist tatsächlich so, ich merke das an zwei Punkten: Seit ich bei der 115 arbeite, ertappe ich mich ab und zu dabei, wie ich mir wünsche, dass mein Gegenüber schneller zum Punkt kommen soll. Das ist nicht immer so. Aber gerade nach einem Tag, an dem sehr viel los war, kann das schon mal passieren. Und ich merke auch, dass ich in Gesprächen schon früh erahnen kann, in welche Richtung es führt. Das ist wohl nach 10 Jahren in diesem Beruf einfach so.

Gibt es eine Situation oder ein Gespräch, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ja, allerdings. Ich war damals noch ganz frisch im ITDZ Berlin, hatte also noch wenig Erfahrung. Da rief eine junge Frau aus dem Krankenhaus an. Sie berichtete, dass ihr Partner dort im Sterben liege und dass er als letzten Wunsch geäußert hätte, dass er sie heiraten wollte. Das war eine sehr bedrückende Stimmung und ich habe auch wirklich erst einmal ein paar Sekunden gebraucht, um mich zu sammeln. Aber dann hat mein Gehirn glücklicherweise funktioniert und ich konnte den Kontakt zum Standesamt vermitteln. Leider ist es halt so, dass wir in den allermeisten Fällen nicht erfahren, wie die Situation am Ende ausgeht.

Und gibt es auch einen besonders schönen oder lustigen Moment?

Wir bekommen wirklich vieles von den Bürgerinnen und Bürgern mit, auch alle Emotionen:
Junge Familien rufen an, wenn der Nachwuchs endlich gekommen ist und wollen die Geburtsurkunde beantragen. Das sind Momente, da spürt man das Glück und die Euphorie auf der anderen Seite. Ich gratuliere dann und freue mich mit ihnen. Oder auch bei älteren Menschen, die sehr dankbar sind, wenn man ihnen zuhört und dann auch helfen kann. Ich hatte vor zwei Wochen eine ältere Dame, die sagte: Sie sind ein Engel, sie haben mir meinen Tag gerettet. Das ist dann natürlich auch für mich toll, dass ich mit einem Termin, den ich gebucht habe, Menschen so glücklich machen kann.

Was war denn die außergewöhnlichste Frage, die ihnen gestellt wurde?

Ich erinnere mich an einen wirklich speziellen Fall. Da rief eine Frau an und sagte, sie wolle ein Hochseil über den Alexanderplatz spannen, um Hochseilartistik vorzuführen. Sie wollte wissen, was sie dafür tun müsse. Das muss man natürlich anmelden und zwar beim Gewerbeamt, da bekommt man eine Reisegewerbekarte. Das war schon ein wirklich außergewöhnlicher Fall, bei dem ich auch noch einmal nachgucken musste. Wir erhalten regelmäßig Schulungen für verschiedene Fachämter, deswegen wusste ich auch in diesem besonderen Fall, in welchen Fachbereich das gehören könnte.
Ich hatte auch einmal eine Kapelle, die anrief und sagte: Wir würden gerne ein Konzert vor dem Brandenburger Tor spielen. Was müssen wir dafür tun, wo können wir das anmelden? Das habe ich auch zum Gewerbeamt vermittelt, denn dort muss es angemeldet werden.

Hat der Beruf ihr privates Telefonverhalten beeinflusst und wenn ja, wie?

Ja, das auf jeden Fall. Ich muss zugeben: Privat, mit Freunden und Familie, telefoniere ich nicht mehr sehr gerne. Da treffe ich mich lieber auf einen Kaffee oder einen Spaziergang und dann können wir gerne lange Gespräche führen, aber wenn möglich nicht telefonisch.
Und wenn ich selber bei Behörden anrufe, dann mache ich das ganz vorbildlich und bin immer vorbereitet: Stift, Papier, alle relevanten Briefe und Vorgangsnummern habe ich dann zusammen und dann geht das auch meistens sehr schnell. Außerdem sorge ich auch dafür, dass ich an einem ruhigen Ort telefoniere und nicht gerade in der S-Bahn – sensible Daten möchte ich nämlich nicht in der Öffentlichkeit preisgeben.

Werden sie denn privat auch nach Verwaltungsauskünften gefragt?

Ja, privat bin ich für alle die ultimative Ansprechpartnerin. Ich helfe da auch immer gerne. Oft hilft schon der Hinweis auf die Internetseiten von Berlin.de, da findet man alles ziemlich gut.

Sie sprechen beruflich den ganzen Tag mit Menschen. Haben sie privat einen Ausgleich dazu oder wie können sie abschalten?

Ich habe mit mir selber vereinbart, dass ich da, wo es geht, meine Anrufe auf Arbeit lasse. Ich versuche nicht viel mit nach Hause zu nehmen und das klappt in der Regel auch ganz gut. Das Abschalten fängt bei mir dann schon auf dem Weg nach Hause an: Ich mache dann im Auto laute Musik an und bekomme so den Kopf frei. Ansonsten hilft mir auch Sport. Ich mache Zumba, da vergesse ich den ganzen Alltagsstress.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Basak!