Ruhe bewahren im Ausnahmezustand

Anne Lolas ist Leiterin des Service Centers im ITDZ Berlin. Als mit der Corona-Pandemie der telefonische Beratungsbedarf in Berlin explodierte, steuerte sie die Kapazitäten beim Bürgertelefon 115 um und übernahm im März mit ihren Teams die zentrale Corona-Hotline Berlins. Dazu leitet sie den Notfallstab des Unternehmens und kann davon erzählen, wie das ITDZ Berlin in Krisenzeiten tickt.

Anne Lolas
Anne Lolas Leiterin des Service Centers

Frau Lolas, wenn Berliner Bürgerinnen und Bürger Fragen rund um das städtische Leben in Berlin und Behördengänge haben, rufen sie das Bürgertelefon unter der 115 an. Betrieben wird das Bürgertelefon vom ITDZ Berlin. Wann haben Sie beim Thema Corona gemerkt: Hier kommt etwas auf uns zu?

Die Welle an Anfragen deutete sich bereits Mitte Februar an. Das war zu einer Zeit, in der viele noch dachten: „Corona? Das ist 7.000 Kilometer von uns entfernt. Betrifft uns nicht.“ Zwei Wochen später sah das schon ganz anders aus …

Welche Auswirkungen hatte die Sorge vor dem Virus auf die Arbeit des Service Centers?

In der Bevölkerung wurde aus anfänglichem Unbehagen echte Angst. Bis Anfang März verzeichneten wir einen massiven Anstieg an Anrufen von Bürgerinnen und Bürger, die Informationen rund um Covid-19 haben wollten. Was muss ich selbst tun, wenn ich Symptome zeige? Ich habe Symptome – an wen wende ich mich? Was soll ich tun, wenn ich Kontakt zu einem Infizierten hatte? Kommt die Ausgangssperre und was bedeutet das? All diese Fragen und noch viele mehr prasselten auf unser Service Center-Team ein.

Anfangs wurde die Corona-Hotline von der Senatsverwaltung für Gesundheit Pflege und Gleichstellung betrieben …

Das ist richtig. Die Hotline mit der Telefonnummer 030 / 9028 2828 lag anfangs noch allein in den Händen des Senats für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Die Verantwortlichen und Mitarbeitenden leisten dort ganz hervorragende Arbeit. Dennoch kam der Senat an Grenzen und wir wurden gefragt, ob wir mit der Manpower unseres Bürgertelefons unterstützen könnten.

Was kam da auf die Mitarbeitenden des Service Centers zu?

Wenn wir ein neues umfangreiches Thema in unserem Service Center einführen und die Berlinerinnen und Berliner dazu beraten, brauchen wir zwei Monate Vorlauf für die Vorbereitungen. Zwei Monate waren in der Corona-Welle undenkbar – im engen Austausch mit allen Beteiligten schafften wir es in wenigen Tagen.

Was bedeutete Corona für das Anrufervolumen in jener Zeit?

In den Hochphasen beantworteten wir 2.600 Anfragen zu Corona pro Tag. Um Ihnen eine Relation zu geben: Normalerweise haben wir für alle Themen rund um die Berliner Verwaltung täglich etwa 10.000 bis 15.000 Anrufe. Corona allein hob also als singuläres Thema in kürzester Zeit den Beratungsbedarf massiv an. Zudem dauern die Gespräche deutlich länger. Normalerweise sprechen wir im Schnitt zweieinhalb Minuten mit Anrufern, dann haben wir alle offenen Fragen beantwortet. Ein Anruf zu Corona dauert im Schnitt vier Minuten.

Wie halten Sie Ihre Mitarbeitenden zu politischen Vorgaben und Entwicklungen rund um Covid-19 auf dem Laufenden?

Wir betreiben im Service Center ein professionelles Wissens- und Informations-management. Dort finden unsere Teams alle aktuellen Infos bürgernah formuliert und für das Telefongespräch aufbereitet. Für Corona-Anfragen wurde zum Beispiel ein Abfragebaum entwickelt, den sie mit Anrufern durchgehen können. Darüber hinaus werden alle Infos der offiziellen Quellen für Fragen von Bürgern und Unternehmen ständig aktualisiert.

Bedeutet die Corona-Beratungswelle Stress für die Mitarbeitenden?

Viele sind bereits seit Jahren dabei, sodass sie mit der Angst vor dem Unbekannten extrem professionell umgehen. Ich bewundere die Mitarbeitenden dafür, dass sie die Ruhe und Konzentration bewahren. Viele identifizieren sich sehr damit, den Berlinerinnen und Berlinern helfen zu wollen. So entsteht ein Engagement, das weit über das normale Maß hinausgeht. Die Agentinnen und Agenten im Service Center waren sofort bereit, selbst am Wochenende und an Feiertagen zu arbeiten – das rechne ich ihnen sehr hoch an.

Auch Sie kamen vermutlich um Wochenendarbeit nicht herum. Denn Sie sind neben Ihrer Aufgabe als Leiterin des Service Centers auch Leiterin des Notfallstabs des ITDZ Berlin. Wer genau sitzt dort mit dabei?

Die Besetzung des Notfallstabs wurde noch vor Corona aktualisiert. Tritt ein Notfall ein, wird das reguläre Kernteam zusammengerufen. Für die Corona-Sondersituation bereiteten wir uns bereits seit Januar vor. Dann riefen wir Mitte März den gesamten Notfallstab und die Gremien ein. Ziel des Stabs ist, alle Fragen aus Sicht der Mitarbeitenden, der Kunden in der Verwaltung und der Lieferanten zu klären sowie den IKT-Betrieb für das Land Berlin sicherzustellen. Wir haben dabei offenbar einen guten Job gemacht. Denn 10 Tage später kam eine Studie einer bekannten Unternehmensberatung heraus, wie man einen Corona-Krisenstab aufstellt und welche Themen er bearbeiten muss – es gab keinen Punkt, den wir nicht bereits abgehakt hatten.

Was haben Sie selbst aus den Erfahrungen rund um Corona bisher gelernt?

Es ist wichtig, Entscheidungen zügig zu treffen und nicht zu warten, ob sich eine Situation noch verändern könnte. Dank fundierter Informationen gut vorbereitet zu sein, um dann schnell richtig entscheiden zu können – das ist wichtig.

Hat auch das ITDZ Berlin als Unternehmen bereits aus der Corona-Krise gelernt?

Auf jeden Fall. Wir haben sehr schnell auf virtuelle Tools für die Kollaboration umgestellt, für unsere Kunden deutlich schlankere Angebotsprozesse umgesetzt und die IKT für sie viel zügiger bereitgestellt, damit alle weiterarbeiten konnten. Nun ist die Frage: Können wir die jetzigen Abkürzungen im Prozess auch für den Normalbetrieb übernehmen? Diese Erfahrungen sind eine richtige Chance, und ich bin mir sicher, dass wir sie nutzen werden.

Wir danken Anne Lolas für das Interview.